WENN DIE BÄUME TRAUER TRAGEN

Als wir in 2004 unsere gemein-same Wohnung bezogen, war das einzige Grün, das Martina als Aussteuer mitgebracht hat, ein Ficus Benjamin. 3 Stengel senkrecht wachsend aus einem Wurzelgeflecht in ordinärem Blumenübertopf ohne Loch. Diese Dinger sind zu Hunderten in Blumenläden als Container-ware zu bekommen. Links das Foto ist aus März 2005, es zeigt die Pflanze vor der Umge-staltung. In dem Bonsai-Buch von "Paul Lesniewicz - Bonsai für die Wohnung" sah ich, wie genau aus solcher Rohware ein Baum in Trauerweiden-Form entstehen kann. Ende 2005 war es dann endlich soweit: die Umsetzung der Buchanleitung erfolgte an Martinas "Eigentum". Das Ergebnis der Trauerfeige verschlug ihr förmlich den Atem, somal ich ihr über die gestalterische Richtung ihrer Pflanze vorher keine Auskunft gab ...hihi. (So sind Männer halt - Männer sind Macher) ...Man muss wissen: Dieser Ficus hat trotz Martinas "schwarzen Daumens" jahrelang überleben können. Und nun habe ich die einzige Pflanze, die quasi auch für sie unka-putttbar war, zu einer solchen trauernde Gestalt umfunktioniert. Ehmmm...was sollte ich sagen?

Aber Schatzi, weißt du noch? 1999 in Bad Rothenfelde, die Bank im Kurpark unter der Trauerbuche? Du und ich eng umschlungen... Genau diese Atmosphäre wollte ich doch nur auf das Tablett zaubern. Wie grüne blattbehangene Fäden berührten die Äste den Boden und bildeten einen Kreis um den Stamm, um uns. Mensch Mausi, sei nicht traurig wegen des Ficus, Du weißt doch noch, wir saßen förmlich in unserem Blätter-haus. Nur diesen Eindruck wollte ich auf unserer Fensterbank für immer einfangen. Puhhh... wie hab ich das gemacht ;-)

Jetzt, im vierten Jahr der trauernden Gestaltung, kann sich das Ergebnis doch sehen lassen, oder? Sicher muss die Pflanze noch einmal 10 bis 15 Jahre reifen, bevor sie sich Bonsai nennen darf. Diese Fotos zeigen sie das erste Mal ohne Draht im Astwerk. Die Hauptarbeit bei dieser Gestaltung war und bleibt nun einmal das Abwärtsdrahten der Äste, um den trauernden Habitus beizube-halten.

links: Ficus Benjamin im Trauer-Look
rechts: Trauerbuche (Grüne Hängebuche) Fagus silvatica 'Pendula'
Beim Betrachten dieser Trauerbuche im Wuppertaler Zoo dachte ich über unseren trauernden Ficus nach, nämlich dass ich ihn mir auch noch einmal vor-nehmen könnte. Erst im Herbst verab-reichte ich ihm einen kleinen Astschnitt und jetzt entfernte ich alle Drähte sowie die Blätter in den Astansätzen. Bei der Trauerbuche im Zoo ist schön die ein-seitige Astverteilung am Stamm zu er-kennen: alle Äste zeigen in die gleiche Richtung, die Nord-Seite des Stammes ist glatt und kein Ast geht von dieser Stamm-Seite ab. Der Ficus gehört sicher zu den widerstandsfähigen In-door-Arten, der sich auch im Wohn-zimmerklima prachtvoll entwickeln kann, doch traue ich mich nicht, einen kompletten Blattschnitt an ihm vorzu-nehmen. Mal schauen, vielleicht kom-mendes Frühjahr oder auch nicht, weil sich die Blattgröße bereits innerhalb der letzten 4 Jahre um die Hälfte reduziert hat.
Ok, genug getrauert, wenn Martina das als Post-Controller liest, werden bestimmt wieder Erinnerungen in ihr wach, die ich besser ruhen gelassen hätte. Mal sehen...
das diskutieren wir außerhalb dieses Postings :-)

Keine Kommentare: